Wir zeigen Querdenkern die rote Karte

15.02.22, 16:00
Stephanie Agethen

Bei uns an der Geschäftsstelle in Düsseldorf hängt ein Banner: „Rote Karte für Querdenker“ steht hier gut sichtbar für alle, die jeden Samstag und Montag gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Der Caritasdirektor Henric Peeters in Düsseldorf erklärt, was diese Haltung mit Solidarität und Nächstenliebe zu tun hat. 
 
Wer sind Querdenker? Ich weiß es nicht wirklich. Auf den ersten Blick scheinen es Menschen „wie Du und ich“ zu sein – verschiedene Lebensumstände, verschiedene Bildungshorizonte, verschiedene soziale und gesellschaftliche Kontexte — sozusagen der „Querschnitt“ der Bevölkerung in Deutschland. Jedoch mit einer einzigen Ausnahme: Es sind Menschen, von denen ich den Eindruck habe, dass sie sich schon länger in ihrem privaten und beruflichen Umfeld aus ganz unterschiedlichen Gründen ausgegrenzt fühlen. Nicht wegen ihrer Herkunft, ihrer wirtschaftlichen Situation oder ihrer sexuellen Orientierung — sondern weil sie quer zur Mehrheitsgesellschaft denken und nun offensichtlich glauben, von dieser ausgegrenzt zu werden. Natürlich kann ich das nicht belegen. Ich ahne nur wegen der zahlreichen Transparente und Sprechchöre, warum jemand bei den wöchentlichen Querdenker-Demonstrationen dabei ist.

Wir möchten als Caritas weder spalten noch provozieren
Und ja, auch bei uns arbeiten Mitarbeitende, die sich gegen eine Impfung aussprechen. Mit ihnen führen wir ausführliche Gespräche. Wir erleben Mitarbeitende, die seit Jahrzehnen im zuverlässigen und loyalen Arbeitsverhältnis zur Caritas stehen, und nun jedoch zutiefst verunsichert und zum Teil verängstigt sind. Wir erfahren von Menschen, die viele Jahre in der DDR oder in autoritären Regimen gelebt haben und eine Impfpflicht als erneute Bevormundung verstehen. Wir hören aber eben auch von Mitarbeitenden, die eine andere Meinung vertreten möchten, als es die Mehrheit der Gesellschaft tut – wohl auch, weil es zu einer Demokratie dazugehört, Meinungen zuzulassen und auszuhalten. Auch diese Meinung respektieren und akzeptieren wir — selbstverständlich. Unser christliches Menschenbild ist sozusagen Gradmesser, Wasserwage sowie Winkelmesser unserer inneren Haltung und unserer äußeren Handlung – auch beim Thema Querdenken, Impfungen oder Corona-Schutzmaßnahmen.

Wir möchten als Teil der Caritas weder spalten noch provozieren – sondern wir vertreten unsere Werte: Solidarität und Nächstenliebe. Als Dienstgeber und Träger von ambulanten und stationären Angeboten in der Pflege, der Wohnungslosenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe tragen wir die volle Verantwortung – für alte, kranke, behinderte und junge Menschen. Wir stehen dazu, dass wir alles dafür tun, um diese Menschen bestmöglich zu schützen. Und hierzu gehört für uns eine Impfung als die einzige wirksame Maßnahme gegen eine Krankheit, die in zwei Jahren weltweit 5,82 Millionen Menschen das Leben genommen hat.


Was wir nicht tolerieren: Menschen die unsere Demokratie verunglimpfen

Was wir aus diesem Grund aber nicht respektieren und auch nicht akzeptieren wollen und werden, sind Menschen, die öffentlich unseren demokratischen Staat verunglimpfen, die uns auf Social Media mit Nationalsozialisten in einen Topf werfen, die uns als Faschisten, Pädophile oder als einen Abzockerverein beschimpfen. Sie verlangen unsere Solidarität, sind aber selbst nicht bereit, solidarisch zu Handeln. Sie stellen ihre individuelle Freiheit über die Freiheit der Schutzbedürftigen. 

Obwohl es in der Pandemie täglich um Leben und Tod geht, werden wir in unserer Demokratie die Meinung der Querdenker und ihre Demonstrationen akzeptieren müssen – allerdings mit einer klaren Haltung, die wir offen mit einer „roten Karte“ kundtun!